Israelischer Professor lobt hebräisches Buch über das Neue Testament und sagt, dass die meisten Israelis fast nichts über die gemeinsamen Wurzeln des Christentums mit dem Judentum wissen
„Die hebräischsprachige Öffentlichkeit braucht dieses Buch jetzt mehr denn je“

Nur wenige Menschen in Israel interessieren sich für die christlichen Schriften oder für die tiefe, symbiotische Verbindung zwischen Judentum und Christentum.
In einer ausführlichen Rezension stellte Professor Ishay Rosen-Zvi von der Universität Tel Aviv kürzlich den hebräischen Lesern das neue und außergewöhnliche Buch „Die Schriften des Neuen Testaments als jüdische Literatur“ von Dr. Serge Ruzer vor, einem führenden Wissenschaftler für vergleichende Religionswissenschaft an der Hebräischen Universität Jerusalem.
Ruzers Werk zeichnet die tiefen Verbindungen zwischen den frühen christlichen Texten und der jüdischen Tradition nach und beleuchtet die reiche Präsenz hebräischer und jüdischer Ideen im Neuen Testament.
Laut Rosen-Zvis begeisterter Rezension ist das Buch nicht nur ein wertvoller akademischer Beitrag, sondern ein echter Meilenstein auf dem Gebiet der Judaistik. Anstatt sich auf Apologetik oder Polemik einzulassen, konzentriert sich Ruzer auf die theologischen Ideen, die sich in den verschiedenen Schriften des Neuen Testaments widerspiegeln.
Sein Werk präsentiert ein breites Spektrum an Ideen aus dem ersten Jahrhundert n. Chr. mit Klarheit und Nüchternheit und zeigt, wie tief diese im jüdischen Milieu der Zeit verwurzelt sind, so Rosen-Zvi. Dieser Ansatz macht das Buch nicht nur akademisch bedeutend, sondern auch für hebräischsprachige Leser bemerkenswert zugänglich.
Rosen-Zvi lobt Ruzers souveränen Umgang mit Quellen aus der Zeit des Zweiten Tempels, insbesondere mit den Schriftrollen vom Toten Meer. Er hebt auffällige Parallelen zwischen Gestalten des Neuen Testaments – etwa Jesus – und dem in den Qumran-Schriften beschriebenen Anführer hervor: einer Figur, die leidet, verfolgt wird und die Schrift endgültig auslegt. Jesus, der in der Synagoge aus Jesaja liest und das Gelesene als erfüllt erklärt, erinnert laut Rosen-Zvi an die eschatologischen Erwartungen von Qumran.
Das Buch zeigt zudem, dass die frühchristlichen Schriften tiefgreifende strukturelle Gemeinsamkeiten mit jüdisch-sektiererischem Denken teilen – etwa den Glauben an einen auserwählten Rest, das Wirken des Heiligen Geistes, apokalyptische Hoffnungen und die Neuauslegung der Schrift. Ruzer zeigt laut Rosen-Zvi überzeugend, warum die frühe Kirche als eine von mehreren Ausdrucksformen des Judentums im ersten Jahrhundert verstanden werden sollte.
Besonders beeindruckt zeigt sich Rosen-Zvi von der differenzierten Darstellung, wie die ersten Christen mit dem Ausbleiben der Endzeit umgingen. Während einige Texte eine drängende apokalyptische Erwartung widerspiegeln, betonen andere innere Wandlung und den geistlichen Eintritt in das Himmelreich. Rosen-Zvi vergleicht dies mit ähnlichen Entwicklungen in den Qumran-Schriften – ein weiterer Beleg für den gemeinsamen Kontext.
Doch über seinen wissenschaftlichen Wert hinaus betont Rosen-Zvi, dass ein hebräisches Buch wie dieses in erster Linie für ein hebräischsprachiges Publikum geschrieben ist. Die Unkenntnis über das Neue Testament – und über das Christentum insgesamt – unter israelischen Studierenden sei, so seine Worte, „nahezu vollständig“. Die meisten lernen nur über Verfolgungen, Kreuzzüge oder hören gelegentlich in den Nachrichten von Grundstücksverkäufen der Kirchen in Jerusalem – oder, falls es berichtet wird, von ultraorthodoxen Juden, die im jüdischen Viertel auf Priester spucken. Die hebräischsprachige Öffentlichkeit, so Rosen-Zvi, braucht dieses Buch jetzt mehr denn je.
Abschließend würdigt Rosen-Zvi das Licht, das Ruzer nicht nur auf das frühe Christentum, sondern auch auf die rabbinische Literatur wirft. Er verweist etwa auf die Verbindung zwischen den Taufgeschichten Jesu und späteren midraschischen Darstellungen göttlicher Gegenwart und Buße durch Wasser. Ruzer zeigt, dass theologische Gedanken, die später in der rabbinischen Tradition erhalten blieben, bereits in frühchristlichen Schriften des ersten Jahrhunderts zu finden sind.
Nach Einschätzung von Rosen-Zvi markiert dieses Buch einen Wendepunkt in der hebräischen Wissenschaft. Es ist eine unverzichtbare Lektüre für alle, die das Neue Testament nicht als einen fremden oder externen Text verstehen wollen, sondern als einen jüdischen Text, der tief in den Traditionen, Spannungen und Hoffnungen des Judentums der Zeit des Zweiten Tempels verwurzelt ist.

Die Mitarbeiter von All Israel News sind ein Team von Journalisten in Israel